FAZ: Diese Anlage sollte man nicht vorschnell ausschließen.

FAZ Diese Anlage sollte man nicht vorschnell ausschließen

28. Januar 2025

Gemessen am Umsatz bei Auktionen hat der Kunstmarkt in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Wer in Kunst investieren möchte, sollte jedoch einige wichtige Aspekte berücksichtigen.

Wer sich mit der Vermögensanlage beschäftigt, sollte die Anlageklasse Kunst nicht vorschnell ausschließen. Eine gute Einführung bietet der aktuelle „Art & Finance Report 2023“ von Deloitte. Auf über 400 Seiten wird die Vielfalt dieser Anlageklasse und ihrer zahlreichen Teilmärkte beleuchtet. Was könnte sich ein Anleger besser wünschen, als eine eingehende Auseinandersetzung mit einer Anlageklasse, um nach Investitionsmöglichkeiten zu suchen?

Viele verbinden Kunstinvestitionen mit renommierten Künstlern, deren Werke bei Auktionen für Millionenbeträge versteigert werden. Das ist zweifellos Kunst, doch es handelt sich hierbei nicht um eine Art von Geldanlage, die sich die meisten Menschen leisten können. Wer hat schließlich Millionen zur Verfügung, um solch Kunstwerke zu erwerben und außerdem die Kosten für Sicherheit und Erhaltung zu tragen?

Ein einzelnes Kunstwerk zu besitzen, reicht nicht aus: Die Wertentwicklung ist schwer vorherzusagen. Man kann es aus Freude an der Kunst in seiner Wohnung aufhängen oder aufstellen, aber nicht als Investition betrachten. Aus der Perspektive der Geldanlage sollten es eher fünf, am besten sogar zehn bis zwanzig Kunstwerke sein, um Chancen und Risiken besser zu verteilen. Ein Künstler kann in Ungnade fallen, was zu einem Rückgang des Wertes seiner Werke führen kann. Es wäre verhängnisvoll, wenn dies das einzige Kunstwerk im Besitz des Anlegers wäre.

 

Diversifizierung kostet

Wer sich jedoch absichern möchte und 15 Kunstwerke verschiedener Künstler und Stilrichtungen erwirbt, benötigt dafür deutlich mehr Kapital. Es wird noch komplizierter, den Wert einzuschätzen, wenn der letzte Kauf oder Verkauf der Werke bereits einige Jahre zurückliegt. Bei Unikaten gibt es nur ein einziges Exemplar, das meist bei einer Auktion versteigert wird. Den genauen Wert kennt man erst nach der Versteigerung.

Wer jedoch 15 Kunstwerke zu je 10.000 Euro erwerben möchte, kann nicht einfach zu einer Auktion gehen und den exakten Wert im Voraus bestimmen. Erst während der Auktion wird sichtbar, wie viel die Bietenden bereit sind zu zahlen, und dies kann sowohl über als auch unter dem von den Experten geschätzten Wert liegen. Zudem ist der Preis stark davon abhängig, wer sonst noch an der Auktion teilnimmt.

Das Positive an jeder Auktion ist jedoch, dass niemand zwingend den Betrag zahlen muss, den er für ein Kunstwerk schätzt. Er muss lediglich mehr bieten als der nächsthöhere Bieter. Dieses Phänomen wird als “Fluch des Gewinners” bezeichnet, bei dem man letztendlich mehr bezahlt, als alle anderen bereit waren zu zahlen. Möglicherweise liegt dieser Betrag jedoch immer noch unter dem, was man selbst als Wert des Kunstwerks betrachtet hat.

Den „wahren“ Wert wird der Investor jedoch niemals genau kennen, höchstens kann man ihn ungefähr durch den erzielten Verkaufspreis abschätzen.

Es geht nicht nur um Einzelstücke

Warum also nicht Kunstwerke wählen, die keine Unikate sind? Beispielsweise eignen sich Fotografien, die in limitierter Auflage produziert wurden. Das bietet mehrere Vorteile: Der Preis ist niedriger, was Anlegern mit kleinerem Budget einen diversifizierten Einstieg ermöglicht. Zudem lässt sich der Preis besser einschätzen, da mehrere identische Werke existieren. Dadurch werden diese Werke häufiger gehandelt, und man kann beim Kauf oder Verkauf eine ungefähre Preisspanne schätzen.

Ein Index, wie er im Aktienmarkt existiert und dessen Wert kontinuierlich aktualisiert wird, lässt sich im Kunstmarkt therefore nicht abbilden. Eine Möglichkeit wäre, jedes Kunstwerk, das mindestens zweimal verkauft wurde, in den Index aufzunehmen. Zwischen den Verkäufen kann dann die Wertentwicklung verfolgt werden, wobei die Rendite vor Abzug von Kosten und Steuern ermittelt wird. Anschließend müssen die Ausgaben für Transaktionen, Lagerung und Schutz abgezogen werden, um die tatsächliche Rendite für den Investor zu berechnen.

Trotzdem bleibt immer eine gewisse Ungenauigkeit bestehen, da die gehandelten Kunstwerke nicht genau zu Beginn und am Ende des Betrachtungszeitraums verkauft werden. Dies führt zu einer Lücke, die rechnerisch durch die Extrapolation der Entwicklung ausgeglichen werden muss. Je größer diese Lücke ist, desto ungenauer wird auch der Index.

Darüber hinaus bietet der Index lediglich einen Teilbereich des Marktes dar, da längst nicht alle Kunstwerke im betrachteten Zeitraum mindestens zweimal verkauft werden. Daher ist es schwierig, die Repräsentativität der Stichprobe für den Gesamtmarkt und die Kunstwerke, die ein Sammler oder Investor besitzt, einzuschätzen.

Längerer Beobachtungszeitraum ist vorteilhaft.

Eine Möglichkeit zur Verbesserung besteht darin, den Markt in verschiedene Kunstformen, Stilrichtungen, Epochen, Regionen oder andere Kategorien zu unterteilen. Dadurch wird die Aussagekraft des Index für ein bestimmtes Kunstwerk erhöht. Dabei wird der Index jedoch nur qualitativ besser, weil die Anzahl der berücksichtigten Werke sinkt. Dem kann entgegengewirkt werden, indem man den Betrachtungszeitraum verlängert. Eine Preisentwicklung über ein Jahr sollte daher mit erheblich mehr Vorsicht betrachtet werden als eine über zehn oder sogar 25 Jahre.

Für Investoren bedeutet dies, dass die vorgesehene Haltedauer eines Kunstwerks nicht in Monaten, sondern in Jahren oder sogar Jahrzehnten festgelegt werden sollte. Die positive Nachricht ist jedoch, dass es überhaupt einen Markt gibt, der in den letzten Jahren, gemessen am Auktionsumsatz, erheblich gewachsen ist.

Artprice bietet eine Vielzahl von Indizes an, die nach Kunstgattung, Zeitperiode oder sogar einzelnen Regionen unterteilt sind. Diese Indizes zeigen deutliche Schwankungen, jedoch stechen im Ergebnis über einen Zeitraum von etwa 25 Jahren Fotografien sowie Nachkriegskunst und zeitgenössische Kunst hervor, mit einer Rendite von fast 5,2 Prozent. Besonders in den starken Phasen müssen sie sich nicht hinter einer Aktienanlage verstecken. Erweitert man die Betrachtung des Kunstfotografiemarktes  jedoch auf die Verkaufsumsätze von Galerien, Museen und Privatverkäufen, so kann man die Rendite sogar mit knapp 11 Prozent festlegen. Damit schlägt Kunstfotografie alle klassischen Anlageformen.

Besonders bei Aktienindizes sollte man aber vorsichtig sein, ob sich die Ergebnisse künftig wiederholen. Es ist möglich, dass auch der Gesamtindex eine erwartete Rendite vorgibt, die in Euro fast stagnierte. In diesem Fall wäre eine erneute Überrendite in den nächsten 20 Jahren weniger wahrscheinlich. Alternativ könnte der Post-War- oder der Contemporary Art Index die bessere Option sein und auch in Zukunft bleiben. Selbst wenn die künftige Rendite geringer ausfallen sollte, könnte sie dennoch über der Inflationsrate liegen. Somit wäre eine solche Investition für den Werterhalt geeignet.

Transaktionskosten sind höher

Leider sind die Transaktionskosten im Kunstbereich deutlich höher als in anderen Anlageklassen, da ein Verkauf oft mit erheblichen Abschlägen von 20 bis 30 Prozent verbunden ist. Ein Kunstexperte kann helfen, die Gebühren auf 15 bis 20 Prozent zu reduzieren. Die steuerfreien Gewinne, die nach einer Haltedauer von mindestens einem Jahr anfallen, gleichen dies aus, besonders je länger man die Kunstwerke besitzt.

Die Ausgaben für Versicherung und Lagerung betragen etwa 1,5 Prozent und müssen in der Regel jährlich im Voraus bezahlt werden. Bei einer jährlichen Wertsteigerung von 5,2 Prozent sollte der Verkauf frühestens nach 15 Jahren erfolgen, um eine nominale Rendite von zumindest 2,4 Prozent zu erreichen, vorausgesetzt, die Rendite der Vergangenheit dient als Referenz.

Auch Fotografien sind interessant

Für Investoren, die mindestens 20.000 Euro oder idealerweise mehr über einen längeren Zeitraum entbehren können, stellt die Investition in Fotografien innerhalb der Anlageklasse Kunst eine interessante Möglichkeit dar. Die Werte sind langfristig stabil und haben im besten Fall das Potenzial, sich sogar zu vermehren. Die Investition erfolgt in Sachwerte, die nicht an eine bestimmte Währung gebunden sind. Falls die Kunstwerke kostenlos an Museen verliehen werden, müssen im Erbfall keine Erbschaftssteuern gezahlt werden.

 

Die Bewertung erfolgt regelmäßig durch unabhängige Gutachter. Käufer von mehreren Werken haben die Möglichkeit, diese einzeln zu verkaufen, um Liquidität zu erhalten. Die Zeitspanne hängt dabei vom Termin der nächsten Auktion und einem geeigneten Käufer ab. Die zentrale Frage bleibt jedoch, wie der Investor das erforderliche Wissen erlangen kann, um fundierte Entscheidungen bei der Auswahl der Kunstwerke zu treffen.

Nicht ohne Experten

Neben Kunstliebhabern sollten Investoren in Betracht ziehen, einen Kunstexperten hinzuzuziehen, der umfassende Dienstleistungen anbietet. Dies beinhaltet neben der Lagerung auch den Verkauf, sei es durch Privatverkäufe, Auktionen oder an Galerien.

Es ist jedoch schwierig vorherzusagen, inwieweit die Wertentwicklung des Portfolios nach mehreren Jahren mit dem Index übereinstimmt, sowohl in Bezug auf vergangene als auch auf zukünftige Ergebnisse. Die Kunstwerke werden Museen zur Verfügung gestellt und ausgestellt, damit andere Menschen sie genießen können – jedoch gibt es keinen Zahlungsfluss, der zur genauen Bestimmung des Wertes herangezogen werden könnte.

(Die Gemeinnützigkeit ist dabei eine Voraussetzung für die Steuerbefreiung der Erträge.)

Kunst repräsentiert den Werterhalt von Vermögen, insbesondere im Hinblick auf Inflation, und ist ähnlich wie Gold, auch was die Lagerkosten betrifft. Ein Anleger, der sein Vermögen schützen möchte, sollte die Investition in Fotografien zur Diversifikation in Betracht ziehen, anstatt diese gesamte Anlageklasse von vornherein auszuschließen. Besonders interessant sind Werke der Nachkriegs- und zeitgenössischen Kunst als Teil einer „eigenen Kunstsammlung“, da sie in den letzten 25 Jahren gezeigt haben, dass sie auch für kleinere Vermögen die Möglichkeit bieten, von den Vorteilen dieser Anlageklasse zu profitieren.

 

Quelle:

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/kunst-als-anlage-wer-geld-investieren-will-muss-einigesbeachten-110257935.html